Wer über Reichtum spricht, spricht nicht nur über Geld. Er oder sie spricht über Herkunft, über Einfluss, über das Versprechen von Sicherheit und über die Erlaubnis, nichts tun zu müssen. Und wer über Reichtum schweigt, überlässt genau diese Fragen jenen, die ihn besitzen.
Vom 9. bis 11. Oktober 2025 will das Munich International Stone Center for Inequality Research (ISI) an der Ludwig-Maximilians-Universität München nicht schweigen. Es lädt ein zur ISI Wealth Conference 2025, und dieser Titel ist programmatisch gemeint. Denn es geht um Vermögen, aber vor allem um das, was es hinterlässt: Spuren in Biografien, Verwerfungen in Demokratien, Abstände zwischen den Leben.
Die Konferenz ist nicht nur eine Tagung, sondern ein Versuch. Ein Versuch, kluge Stimmen zusammenzubringen, die sich nicht mit der Beschreibung des Status quo zufriedengeben. Annette Lareau, Soziologin aus den USA, wird zeigen, wie sich Klassenunterschiede bereits im Kinderzimmer niederschlagen. Lane Kenworthy, Politikwissenschaftler, untersucht die Bedingungen staatlicher Umverteilung. Beide erinnern daran, dass Gerechtigkeit kein Zufallsprodukt ist, sondern eine Frage institutioneller Entscheidungen.
Und dann ist da Fabian Pfeffer, der Gründungsdirektor des ISI. Ein Soziologe mit Sinn für Bilder, die mehr sagen als ein Datenblatt. Wenn er das Vermögen von Elon Musk mit einem Turm aus Ein-Dollar-Münzen vergleicht, der bis weit hinter den Mond reicht, dann ist das kein rhetorischer Trick. Es ist ein Hinweis auf das Maßlose. Auf die Entfernung, die zwischen dem einen Turm und dem Alltag der meisten Menschen liegt.
Pfeffer spricht von der Vermögensungleichheit der unteren 99 Prozent. Gemeint ist: Die große Erzählung über den Reichtum als Belohnung für Leistung hat Risse bekommen. In Deutschland kontrollieren zehn Menschen mehr als 200 Milliarden US-Dollar. Gleichzeitig fehlt es in Klassenzimmern an Lehrkräften, in Pflegeheimen an Personal, in Städten an bezahlbarem Wohnraum.
Die Konferenz ist offen für neue Stimmen. Nachwuchsforschende sind ausdrücklich eingeladen, unbequeme Fragen zu stellen und alte Antworten zu hinterfragen. Was ist eine gerechte Gesellschaft? Und lässt sich eine solche mit den bestehenden Regeln überhaupt erreichen?
Vieles an dieser Konferenz ist noch offen. Und das ist vermutlich ihre größte Stärke. Denn wer über Vermögen spricht, ohne über Macht zu sprechen, bleibt an der Oberfläche. Wer aber bereit ist, in Tiefe und Geschichte zu denken, erkennt: Was Reichtum hinterlässt, ist nicht nur Kapital. Es sind Muster. Es sind Privilegien. Es sind Möglichkeiten.
Und vielleicht, wenn genug Menschen hinschauen, auch eine Verpflichtung.